Außergewöhnliches musikalisches Erlebnis in ungewöhnlichen Zeiten
Der Corona-Ausnahmezustand hat die Senioreneinrichtungen in den vergangenen Wochen auf besonders harte Proben gestellt. Und noch immer hat der Gesundheitsschutz der Bewohner allerhöchste Priorität. Besuche selbst von nächsten Angehörigen sind erst seit wenigen Tagen unter hohen Auflagen möglich - an Konzerte und Veranstaltungen in den Häusern ist da derzeit garnicht zu denken.
Nicole Schipplick, Mitarbeiterin im Sozialdienst des Ernst-Barlach-Haus in Bielefeld-Sennestadt und selbst Musikerin organisiert sonst regelmäßig Konzerte, Lesungen, vielfältige Kulturprogramme für die mehr als 100 Bewohner des Hauses. „Derzeit sind wir aber mehr als ausgelastet mit der Organisation der Besuche von Angehörigen. Dennoch möchten wir, dass auch wieder unterhaltsame Abwechslung für unsere Bewohnerinnen und Bewohner angeboten wird“, erzählte die quirlige Frau, die selbst als Sopranistin und Gitarristin ehrenamtlich regelmäßig Konzerte im vollen Saal des Hauses gab. „Unser schöner Garten bietet derzeit tolle Möglichkeiten, sicher, mit großem Abstand und natürlich im Einklang mit allen Auflagen, Begegnungen zwischen Bewohnern und Angehörigen zu ermöglichen - und auch wieder Live-Auftritte von verschiedenen Künstlern zu ermöglichen. Wenn nur das Wetter mitspielt...“.
Am Sonntag spielte es einigermaßen mit. Zwar bewölkt und mit rund 15 Grad auch nicht sehr warm bot sich für Nicole Schipplick als Sopranistin und ihren Klavierbegleiter Julio Graf von Arancibia das erste Mal seit Wochen wieder die Gelegenheit, live ihren Fans ein unterhaltsames Programm zu bieten. Stücke wie „Am Sonntag will mein Süßer mit mir Segeln gehen“, „Was kann der Sigismund dafür“, „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ und unterhaltsame Klaviersoli ließen Bewohner unter wärmenden Decken und auch die angrenzenden Mieter des Diakonieverband-Bereichs Service-Wohnen auf den Balkonen in Erinnerungen schwelgen. Viele summten und sangen still mit und man sah den Zuhörern an, wie sehr sie sich über die Abwechslung freuten. „Draußen Singen ist ohne Mikrofon schwierig. Da wir einen großen Abstand zu den Zuhörern wahren, benutzen wir für unsere Outdoor-Konzerte ein wenig Technik“, so Schipplick. Und das funktioniert gut. Die beiden Künstler sind auch über Lautsprecher nicht nur gut und sicher für alle zu hören, sondern transportieren Stimmung und gesangliche Vielfalt ganz beeindruckend. „Für mich war Singen mit dem Mikro schon etwas Neues. Wir haben das extra für die Konzerte im Freien geprobt.“ Am Gartenzaun sah man Angehörigen-Bewohner Gespräche, alle genossen das exklusive Freiluft-Konzert. Alles auf Distanz aber mit viel Herz auf allen Seiten. Wirklich außergewöhnlich - nicht nur musikalisch - dieses Haus. Selbst in Corona-Zeiten. (mm)
Fotos "von oben": Lilly Richert
Programm:
„Am Sonntag will mein Süßer mit mir Segeln gehen“, Anton Profes
„Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“, Friedrich Hollaender aus dem Film: „Stürme der Leidenschaft“
„Eine kleine Sehnsucht“, Friedrich Hollaender aus der Bühnenmusik zu Fritz von Unruh „Phäa“
Klavier solo
„Bel ami“, Theo Mackeben,
„Was kann der Sigismund dafür“, Ralph Benatzky aus dem Singspiel „Im Weißen Rösl“
„Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, Heinz Gietz
Klavier solo
„Pack die Badehose ein“, Gerhard Froboess
„Sommernacht in Madrid“, Isaac Albeniz
„One hand, one heart“, „Somewhere“ und
Klavier solo
„Domino“, Louis Ferrari
„Lippen schweigen“, Franz Lehár aus der Operette „Die lustige Witwe“
„Meine Lippen, die küssen so heiß“, Franz Léhar, aus der Operette „Giuditta“
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